Freitag, 9. Dezember 2022

What if its us


Autor/in: Becky Albertalli, Adam Silvera

Verlag:  Arctis Verlag                        [Deutsche Ausgabe] 
               Haper Collins: HaperTeens [Englische Ausgabe]        
    
Preis: Gebunden; Deutsche Ausgabe: 19,00 EUR [DE]                    Taschenbuch; Deutsche Ausgabe: 10,00 EUR [DE]

           Taschenbuch; Engl. Ausgabe: 8,00 EUR  -12,99$        

 ISBN: 978-3-03880-204-4 [Deutsche Augabe]
            978-0-06279-523-6 [Englische Ausgabe]
 
 Seitenanzahl: 416 [Deutsche Ausgabe] 
                        480 [Englische Ausgabe]         



 Klappentext

ARTHUR is only in New York for the summer, but if Broadway has taught him anything, it’s that the universe can deliver a showstopping romance when you least expect it.

(Übersetzung: Arthur ist nur für den Sommer in New York, aber wenn Broadway ihm eins gelehrt hat dann, dass das Universum bereit ist dann eine show-würdige Romanze abzuliefern, wenn du es am wenigsten erwartest.)

BEN thinks the universe needs to mind its business. If the universe had his back, he wouldn’t be on his way to the post office carrying a box of his ex-boyfriend’s things.

(Ben denkt, das Universum sollte sich um seine eigenen Probleme kümmern. Wenn es Bens Seite wäre, würde er nicht auf dem Weg zum Postoffice sein, um einen Karton mit Gegenständen seinen Ex-Freundes abzuschicken.)

But when Arthur and Ben meet-cute at the post office, what exactly does the universe have in store for them . . . ?

(Aber als Arthur und Benn sich im Postoffice treffen, was genau hat das Universum für die beiden im Visier?)

Maybe nothing. After all, they get separated.

(Vielleicht nichts. Nach dem sie auseinander gingen.)

Maybe everything. After all, they get reunited.

(Vielleicht alles. Nach dem sie sich wiedergefunden haben.)

But what if they can’t nail a first date even after three do-overs?

(Aber was, wenn sie sowohl das erste Date, als auch die Wiederholungen, vermasseln?) 

What if Arthur tries too hard to make it work and Ben doesn’t try hard enough?

(Was, wenn Arthur es zu sehr versucht und möchte? Und Ben es nicht gut genug versucht?)

What if life really isn’t like a Broadway play?

(Was, wenn das Leben nicht wirklich wie in einem Broadway-Stück ist?)

But what if it is?

(Aber was, wenn es das ist?)

What if it’s us?

(Was, wenn es uns ist?)

 [Quelle englischer Klappentext: Harper Collins: HaperTeen]

Das Cover

Ich finde das Cover sehr ansprechend. Es ist schlicht und eher unauffällig gehalten, aber mit den wichtigsten Motiven geschmückt.
Es sind unsere Protagonisten Arthur und Ben zu erkennen, dessen comicartige Darstellung ich sehr gelungen finde und mir auch während des Lesens geholfen haben, mir diese zu visualisieren.
Ben ist derjenige mit der Box in der Hand, welche ausschlaggebend für die erste Begegnung der beiden ist.
Der Buchrücken ist in einem Neon-Orange und somit gibt es diesem, eigentlich eher zurückhaltenden Buchcover, den Eyecatcher im Bücherregal.
Anhand des Covers kann man auch gut vermuten, was auf einen zu kommen wird, wenn man es liest.

Die Charaktere


Unsere Hauptfiguren sind, wie schon genannt, Arthur und Ben.

Arthur ist über die Sommerferien in New York und macht dort ein Praktikum in der Anwaltskanzlei. Er ist ein bisschen überfordert in der Stadt die niemals schläft und vermisst seine Heimat Georgia und seine Freunde Jessie und Ethan schon sehr.
Arthur lässt sich von Musicals begeistern - vor allem von "Hamilton" und er kann sich schnell für Dinge begeistern.

Ben wohnt in New York, ist von einem Ex-Freund Hudson frisch getrennt und muss seine Ferien in einer Sommerschule verbringen, weil er sich in der Schule schwer tut.
Sein bester Freund Dylan muntert ihn immer auf und die beiden Freunde stehen sich in jeder Situation beiseite.

Gerade auch die Nebencharaktere wie Dylan, Samantha, Jessie und Ethan tragen maßgeblich zum Wohlfühl-Faktor bei.

 

Meine Meinung

Von Becky Albertalli habe ich bisher ihr berühmtes Buch "Nur drei Worte" ("Love. Simon") gelesen und ich war hellauf begeistert von der Geschichte. Von Adam Silvera habe ich bisher leider noch nichts gelesen, aber beinahe ausschließlich nur gutes gehört. Also hatte ich schon eine gewisse Erwartung an das Buch: Süß, zum Verlieben und vielleicht durch Adam Silveras Einfluss nicht ganz so rosarot.

Arthur und Ben treffen sich in einem Postoffice in New York und sofort ist eine Verbindung vorhanden, aber bevor sie Handynummern oder gar Namen austauschen können, werden sie schon getrennt. Beide Figuren begeben sich auf die gegenseitige Suche, sich wieder zu finden und es beginnt eine holprige Liebesgeschichte, die nicht authentischer und zarter, verletzlicher sein könnte. 
Für den Leser steht von Anfang an schon fest: Diese Protagonisten sind füreinander bestimmt. Sie sind beide tiefgrundig und vielschichtig, dass ich alles über sie erfahren wollte, aber am liebsten über ihre Beziehung. Im Buch ist die Chemie zwischen den beiden vom ersten Moment an unübersehbar gewesen. Ben und Arthur harmonieren, trotz der holprigen Anfänge und peinlichen Momenten. 
Und das war für mich essenziell: Die Gefühle die bei mir während des Lesens aufgekommen sind. Es waren Gefühle der Wärme, des Wohlfühlens und Entspannen. Und dennoch ist es nicht nur rosarot, sondern hat Tiefgang und emotional aufwühlende Momente, die das ganze nicht so einfach machen lassen.

Ich kann dich auch beruhigen, falls du Sorge bei dem Klappentext hast, mit Universum, es könnte zu sehr in die "Esoterik-/Horoskope-/Alles-ist-vorher-bestimmt-" Richtung geht: Ich habe es eher in einer anderen Art und Weise wahrgenommen, und es wird auch nicht ständig thematisiert/ kommt immer hier und da mal vor. Die Art wie hier damit umgegangen wurde fand ich entspannt und angenehm.

Weiterhin finde ich es gut, dass LGBTQ+ Romane gerade in den letzten Jahren mehr und mehr geworden sind, gerade im Genre Young-/New-Adult, um die Sichtbarkeit dieser Community auch auf dieser literarischen Ebenen zu unterstützen. Dadurch können viele Leser einen kleinen Einblick bekommen, was es bedeutet in einer (angeblich liberalen) hetero-normativen Welt aufzuwachsen. Und LGBTQ+ -Zugehörige können Bücher mit Charakteren lesen, in jenen sie sich wiederfinden können und Handlungen mit Themen und Problematiken lesen, welche sich eventuell in dessen Lebensrealitäten widerspiegeln.
Zusätzlich fand ich hier der Umgang mit LGBTQ+ realitätsnah und natürlich (sofern ich das beurteilen kann).

Ich habe das Buch auf Englisch gelesen, da es noch nicht übersetzt war, als ich es lesen wollte. Falls ihr es auch auf Englisch lesen wollt, kann ich euch sagen, dass es ziemlich gut verständlich ist. Natürlich habe ich hier und da mal Wörter nachschlagen müssen, aber somit konnte ich meinen Wortschatz erweitern. Ich denke es wird kaum einen Unterschied ausmachen welche Sprache gewählt wird, aber falls du auch mal gedacht hast, dass du gerne mehr auf der Orginalsprache lesen willst, ist dieser Roman optimal dafür.

Den Schreibstil habe ich als leicht lesbar in Erinnerung, keine großen Besonderheiten und eben für die Geschichte genau passend. Die Storyline war auch durchgängig interessant und hatte kaum Längen oder "Lückenfüller" sondern hat mich immer weiter lesen lassen wollen und hat nie den roten Faden verloren.
 

Fazit

Ich habe das Buch geliebt und während des Lesens angenehme Stunden verspürt und kann es dir nur ans Herz legen, wenn du schöne Liebesromane magst.. Gerade die Charaktere haben die Handlung zu etwas besonderem gemacht. Ich denke immer wieder gerne an Arthur und Ben zurück und werde wohl das Buch das ein-oder andere Mal nochmal lesen.

Freitag, 11. November 2022

Extrem Laut und Unglaublich Nah


Autor: Jonathan Safran Foer

Übersetzer: Henning Ahrens

Verlag: FISCHER Taschenbuch 

Preis: 12,00 EUR [DE; Taschenbuch]

ISBN: 978-3-596-16922-1 

 Seitenanzahl: 480

Erschienen: 01.05.2007




Der Inhalt 

Oskar Schell ist altklug und naseweis, hochbegabt und phantasievoll. Eine kleine Nervensäge, die schon mit neun Jahren eine Visitenkarte vorweist, auf der sie sich als Erfinder, Schmuckdesigner und Tamburinspieler ausweist. Vor allem aber ist Oskar todtraurig und tief verstört. Auch noch zwei Jahre nachdem sein Vater beim Angriff auf das World Trade Center ums Leben kam. Nun will er herausfinden, warum Thomas Schell, der ein Juweliergeschäft hatte, sich ausgerechnet an diesem Tag dort aufhielt. Mit seinem Tamburin zieht Oskar durch New York und gerät in aberwitzige Abenteuer.

 [Quelle: Fischer Verlag]

 Das Cover 

Das Cover wird in Schwarz-weiß gehalten, was ich sehr ansprechend finde und auch zur Story passt. Zu sehen ist eine schwarze Hand auf weißem Untergrund. Auf der Hand ist die Überschrift angeordnet. Es hat für mich auf den ersten Blick chaotisch gewirkt, dadurch, dass Titel und Autor nicht wie gewöhnlich angeordnet waren. Das Cover nimmt zwar Bezug zur Story, aber wenn man so das Cover sieht ohne das Buch vorher gelesen hat weiß man vermutlich kaum, was einen erwartet. Von Thiller bis Liebesroman könnte sich alles dahinter verbergen. Einen "Eyechatcher" würde ich es deswegen nicht bezeichnen, ich hätte mir das Buch nicht auf grund des Covers gekauft und das Cover ist mir zuvor auch nie besonders aufgefallen. Aber das muss es nicht zwingend, denn es überzeugt mit der Geschichte und durch die Geschichte erschließt sich auch das Cover, ein wenig zumindest. 

 Die Charaktere 

Protagonist ist Oskar Schell. Die Beschreibung verrät schon sehr viel über ihn: Er ist naseweis, hochbegabt und fantasievoll. Für sein Alter wirkt er sehr reif und er kann Zusammenhänge erkennen, die den wenigsten auffallen würden. Er versteht komplexe Thematiken der Physik und stellt sich viele Fragen über die Existenz und das Leben. 

Aber Oskar ist auch geprägt von den, oder eher DEM, vergangenen Ereignis: Dem plötzlichen Tod seines Vaters durch die Anschläge auf das World Trade Centers am 9. September 2001. Der Mensch, der Oskar am besten verstanden hat und ihm Antworten auf Fragen liefern konnte, die andere gar nicht erst verstanden haben. Es wird sehr früh bewusst, dass Oskar und sein Vater Thomas Schell eine sehr enge und einzigartige Beziehung führen.

Seit dem Tod des Vaters fühlt sich Oskar ziemlich einsam, schuldig und hat Angst. Auch wenn seine Mutter und Oma sich liebevoll um ihn kümmern, können sie die Trauer Oskars nicht nehmen, die schwer auf ihm lastet und ihn Nachts nicht schlafen lässt.

Des Weiteren erzählen die Kapitel abwechselnd die Geschichte von Oskars Großeltern. Beide sind in Dresden aufgewachsen und erlebten den zweiten Weltkrieg. Nach einiger Zeit begegnen sie sich in New York wieder. Oskars Großvater, ebenfalls Thomas Schell, kann nicht sprechen und versucht über Handzeichen und Notizen zu kommunizieren. Die Beziehung der Großeltern ist außergewöhnlich, kompliziert und verwirrend. So verwirrend. dass ich als Leser auch nicht alles ganz verstanden habe aber im großen und ganzen die Geschichte schon mitverfolgen konnte. 

In der Geschichte tauchen außerdem ganz viele weitere bedeutende Charaktere auf, da Oskar auf seiner Mission mehr über seinen Vater zu erfahren, den unterschiedlichsten Menschen New Yorks begegnet und auch seine eigenen Einstellungen und Ansichten hinterfragt und unteranderem auch enge Beziehungen schließt.

Meine Meinung 

Dieses Buch ist etwas besonderes. Es ist keins, das einfach so weggelesen wird, ins Regal gestellt wird und verblasst. Dieses Buch wird erlebt und bleibt nach der letzten Zeile noch im Gedächnis und es drehen sich die Gedanken. 

Es fängt schon damit an, dass es so Ideenreich ist. Oskar denkt sich zahlreiche Erfindungen aus, die ganz unterschiedlich sind aber einen wichtigen Gedanken verfolgen, wie beispielsweise das Vogelfutterhemd. Ein Hemd, das mit Vogelfutter gefüttert ist, sodass wenn man auf dem Dach eines unter sich einstürztenden Wolkenkratzer steht, sich von Vögeln davonfliegen lassen kann. 
Die Erfindungen bringen sehr viel Witz in die Geschichte, aber auch Tiefgang. Sie lassen Oskars Lebenswelt besser verstehen und einordnen.
 
 Ich fragte sie, was sie angesichts der Tatsache empfinde, dass Obdachlose und Millionäre in der gleichen Stadt lebten.               [J. S. Foer, Fischer Verlag; S. 197]


Der Schreibstil, gerade wenn Oskars Sicht geschildert wird, empfand ich als sehr flüssig und humorvoll geschrieben. Die Kapitel haben sich schnell weggelesen und ich entdeckte mich oft dabei ein Schmunzeln auf den Lippen zu haben, ein paar mal musste ich auch laut Lachen. Aber ich hatte auch oft Mitleid mit Oskar. An bestimmten Stellen auch feuchte Augen.
Die Kapitel mit den Großeltern haben sich bei mir jedoch eher zäh gelesen.

Ein weiterer Aspekt, der das Buch nicht vergessen lässt, sind die "Besonderheiten" die in dem Buch eingebaut sind, wie Fotos, leere Seiten, Seiten auf denen der Zeilenabstand immer kleiner wird und noch viel mehr, von dem ich aber nicht spoilern möchte. Durch diese "Besonderheiten" bekommt das Buch noch eine ganz andere Seite, da ich mir zu jedem Foto meine eigenen Gedanken und Verbindungen zur Geschichte erschlossen habe. Es lässt das Buch gleichzeitig etwas besonderes werden, da kaum Autoren solche Stilmittel verwenden - zumindest nicht die, deren Bücher ich lese. 

Wenn alle Menschen zur selben Zeit Hamlet spielen wollten, ginge das nicht, weil es nicht genug Schädel gibt!                          [J. S. Foer, Fischer Verlag; S. 14]


Noch ein Punkt den ich erwähnen möchte: Auch wenn die Anschläge des 11. Septembers eine bedeutende Rolle spielen ist die Geschichte wenig politisierend. Es handelt sich eher um die subjekiven Gefühle des neunjährigen Oskars. Ebenso bei den Erlebnissen der Großeltern des 2. Weltkriegs. Eine politische Einordnung und die gesamtgesellschaftliche Auswirkung wird wenig in den Fokus genommen. Ich persönlich fand diesen Aspekt positiv, denn es hat mich besser mitfühlen und miterleben lassen. 

"Ich habe mich nur gefragt, ob ein Teil dessen, was in dir vorgeht, vielleicht mit der Veränderung deines Körpers zu tun hat." "Hat es nicht. Es hat damit zutun, dass mein Dad den schrecklichsten Tod gestorben ist, den sich jemals jemand ausdenken kann."    
  [J. S. Foer, Fischer Verlag, S. 267]

Zu letzt hat das Buch viele Facetten: Es ist klug, witzig, traurig, verwirrend, poetisch, enttäuschend. rätselhaft, ehrlich. Nur um ein paar zu nennen. Zwischendurch hat die Story auch ein paar Längen, gerade die Storyline mit den Großeltern war, wie schon erwähnt, verwirrend und hat sich für mich da her gezogen. Allerdings hat das die Geschichte für mich nicht erheblich geschwächt. 

"Was ist Zuhause?" "Zuhause ist der Ort mit den meisten Regeln."    [J. S. Foer, Fischer Verlag, S. 245]

Fazit

Auch wenn ich ein paar Kritikpunkte habe und mich die Geschichte der Großeltern verwirrt hat (die aber wichtig für das Buch ist und ich die Seiten trotzdem nicht missen möchte) habe ich das Buch in mein Herz geschlossen. Das Gefühl während ich es gelesen habe wird mich noch lange begleiten. Es waren so viele unterschiedliche Emotionen, welche ich selten so intensiv bei Büchern gefühlt habe. 

Ich kann nur empfehlen das Buch zu lesen.

Dienstag, 31. Mai 2022

Kompass ohne Norden

 Hey Bücherträumer!

Ich habe vor einigen Monaten das Buch "Kompass ohne Norden" von Neal Shustermannn gelesen und bin immer noch sehr eingenommen von der Geschichte, weshalb ich euch hier ein neues Lieblingsbuch von mir vorstellen möchte.

Viel Spaß beim Lesen!

LG Eva

Bild (c) privat | Cover (c) Hanser Verlag: Stefanie Schelleis

Autor: Neal Shusterman

Übersetzer: Ingo Herzke

Verlag: Hanser Verlag / dtv-Verlag

Preis: 19,00 EUR [DE, Hardcover]; 
           9, 95 EUR [DE, Taschenbuch]
 
ISBN: Hanser, Hardcover:    978-3-446-26046-7              
              dtv, Taschenbuch:    978-3-423-62719-1
 
Seitenanzahl: 352 (Hanser, Hardcover)
                       336 (dtv, Taschenbuch)
 
Empfohlen ab: 14 Jahre 



Der Inhalt:

Caden hält sich für einen normalen Jungen. Doch sein Verstand ist ein krankhafter Lügner, der sich auf fantastische Reisen begibt. Manchmal befindet Caden sich auf dem Weg zum tiefsten Punkt der Erde im Marianengraben, auf einem Schiff, auf dem die Zeit seitlich läuft wie eine Krabbe, verwittert von Millionen Fahrten, die bis in die finstere Vergangenheit zurückreichen. Und in der Realität lässt Cadens Verstand harmlose Dinge wie einen Gartenschlauch zur tödlichen Gefahr werden. Als die Grenze zwischen realer und fantastischer Welt verschwimmt, begreift Caden: In den Tagen der Bibel hätte er vermutlich als Prophet gegolten, doch heute lautet die Diagnose: Schizophrenie. [Quelle: Hanser Verlag]

 Das Cover:

Das Cover hat für mich weltklasse und setzt dem eh schon grandiosen Buch eine Krone oben drauf. Es weckt zum einen die Neugier des Lesers (zumindest meine) und gleichzeitig spiegelt es auch den Inhalt des Buches wieder. Wie sich das Wirrwarr zu einem Gehirn bildet, das an dem Jungen festgebunden ist und ihn in die Tiefe des Meeres entlässt aber gleichzeig auch oben behält und ihn nicht ganz ertrinken lässt. Es passt auch sehr gut zu dem Inhalt des Buches.

Die Charaktere:

Der Hauptprotagonist ist Caden, die Handlung wird aus seiner Sicht geschlidert, was ziemlich viel Sinn ergibt, da durch seine Perspektive die Schizophrenie am besten vermittelt werden kann. Caden ist eigentlich ein durchschnittlicher Teenager-Junge seines Alters, schreibt gute Noten, hat eine gesunde Beziehung zu seinen Eltern und Freunde die ihn schätzen. Doch dann entwickelt sich bei ihm seine Form der Schizophrenie.

Auch wenn die Geschichte ausschließlich aus Cadens Sicht geschrieben wurde, wird dem Leser dennoch vermittelt, was für Auswirkungen die psychische Erkrankung auf seine Familie und Freunde hat. 

Weiterhin spielen die Charaktere auf dem Schiff eine bedeutende Rolle, auf die ich aber nicht näher eingehen möchte, um nicht zu spoilern, ebenso wenig wie auf das Klinikpersonal.

 Meine Meinung:

Ich kann meine Meinung kaum in Worte fassen, so geflasht bin ich. Aber ich werde es versuchen. 

Das Buch Kompass ohne Norden lässt mich nicht mehr richtig los. Ich habe es im Dezember 2020 beendet und ich denke immer noch sehr oft an die Geschichte und Atmospäre des Buches zurück. Das haben bei mir nur sehr wenige geschafft und jene die das geschafft haben zähle ich zu meinen Lieblingsbüchern, ebenso wie dieses hier. 

Ich glaube ein wichtiger Punkt ist es, dass es Neal Shusterman gelingt, Cadens Form der Schizophrenie unglaublich nachvollziehbar darzustellen und man ein sehr gutes Bild davon bekommt, was es bedeutet damit zu leben. Durch das einfühlsame Erzählen habe ich mich sehr gut in die Situation einfinden können und ein Bruchteil davon miterleben dürfen, was es bedeutet mit Schizophrenie zu leben. Was es bedeutet zwischen verschiedenen Realitäten zu leben, die nicht unterschiedlicher sein könnten, aber dennoch vereint sind. Und was passiert wenn die eigene Welt ins Wanken gerät, man alles und jeden infrage stellt und keinem Menschen mehr richtig vertrauen zu können. Wie es ist, mit dieser psychischen Störung allein zu sein und alleine damit umgehen zu müssen, weil kaum einer versteht und nachvollziehen kann was durchlebt wird. Wie es ist, mit einem Chaos im Kopf zu leben, Gedanken, die ihre eigenen Linien ziehen und Verknüpfungen setzen die absurd erscheinen, oder irgendwie auch nicht.
Im Kopf zwischen Ordnung und Unordnung zu leben
Das wird dem Leser auch selbst sehr nah getragen, indem die Geschichte dazu anregt, selbst Verbinungen zu ziehen, nicht wissenend ob da überhaupt welche sind.
 
"Vielleicht haben die Netzlinien, die sie [Schwarze Wittwe] ziehen, auch eine Bedeutung für sie, die der Rest der Spinnenwelt entgeht" [S. 103]

Das und noch vieles mehr konnte ich durch den Roman über Schizophrenie erfahren und mir ist bewusst, dass ein Buch, trotz einer sehr authentischen und nachvollziehbaren Schilderung, einem nur ein Bruchteil davon liefern kann, was Betroffene wirklich durchleben, aber es sensibilisert und klärt auf und das ist auch ein Hauptgrund, warum der Autor Kompass ohne Norden verfasst hat. Im Vorwort steht: "[...] Wir hoffen außerdem, dass es anderen helfen kann, Mitgefühl zu entwickeln und zu verstehen, wie es tatsächlich ist, die finsteren, unberechenbaren Gewässer der psychischen Krankheit zu befahrten." (S. 8).

Ein Anlass, dass Neal Shusterman jenes grandios gelingt, ist unteranderem sein Sohn, der Schizophrenie entwickelt hat und selbst auch am Buch mitgewirkt hat. Vieles im Roman soll an seiner Geschichte angelehnt sein, was auch daran zu erkennen ist, dass der Autor dem Buchcharakter ein essenzielles Hobby seines Sohns verliehen hat: Das Zeichen bzw. Malen. So sind in dem Buch auf einigen Seiten Gemälde seines Sohnes wiederzufinden, die nicht faszinierender sein könnten. Ich habe auch deswegen das Gefühl bekommen, dass Neal Shusterman das Verfassen des Buches ein persönliches Anliegen war, ebenso die realistische Darstellung der Krankheit.

Der Schreibstil ist ebenfalls dem sensiblen Thema angepasst. Die reale Welt habe ich dabei als kühler,  distanzierter und nüchterner wahrgenommen, eine Welt, mit der Caden nicht viel anfangen kann und er sich nicht verstanden fühlt. Seine "schizophrene Welt" ist dabei bedeutungsvoller, aber  furchteinflößend, überall lauern Gefahren. Es wird mit spannenden Metaphern gearbeitet, über die ich teilweise immer noch nachdenke und durch die ich Cadens Welt und das leben mit der Schizophrenie besser verstehen konnte. Bei der Erzählweise gibt es eine Überraschung, die ich hier allerdings nicht verraten werde, ich will dir den Lesegenuss nicht nehmen. Ich sage nur so viel: Es hat richtig Sinn ergeben, ab einem Abschnitt in dieser Weise die Geschichte zu schildern. 

"Irgendwo habe ich gelesen, dass Cent Münzen demnächst sowieso ganz abgeschaffen werden sollen - vermutlich, weil man mit ihnen bloß nur noch Gedanken kaufen kann. Auf Banknoten wird demnächst alles nur noch zum nächsten Fünfer aufgerundet. [...] Alle Einkaufssummen sind gesetzlich verpflichtet, auf null oder fünfzehn zu enden. Dazwischen wird nichts mehr erlaubt sein. Aber es gibt etwas dazwischen, auch wenn es alle leugnen."[S.66]

Weiter möchte ich dir eigentlich nichts verraten, am besten du erlebst das Buch selbst.Vielleicht kommt es dir am Anfang verwirrend vor und du verstehst die Welt nicht ganz. Aber ich würde dir empfehlen dich darauf einzulassen und mit Caden die Seiten dieser psychischen Erkrankung zu erkunden.

Fazit:

 Ich habe ein neues Lieblingsbuch gefunden.

 Ein Wunsch von mir ist es, dass ganz viele Norden ohne Kompass lesen und sich auf das Erlebnis einlassen. Psychische Erkrankungen wie Schizophrenie sind immer noch sehr stigmatisiert und oft wissen einige gar nicht, was genau dahinter steckt. Auf wissenschaftlicher Ebenden verrät das Buch nur teilweise etwas, dafür aber sehr gut aus der Sicht des Betroffenen. 

Ich kann es euch nur sehr ans Herz legen, mit Caden zu dem tiefsten Punkt der Erde zu reisen.